Der Anonyme: 4 Wochen lang keine Datenspuren hinterlassen

“Sebastian, wir vermissen dich. Alles okay bei dir? Du verpasst so viele tolle Bilder und Kommentare von deinen Freunden!” Diese E-Mails von Facebook haben sich gehäuft, nachdem ich 30 Tage lange untergetaucht bin. Das Experiment Anonymität war eine echte Geduldsprobe mit erschreckenden Erkenntnissen.

Hintergrund zum Selbstversuch: Der Anonyme

Meine Leser hatten abgestimmt. Im Januar 2018 sollte ich als Anonymer untertauchen, um keinerlei Datenspuren zu hinterlassen. Wie schwer ist es, am sozialen Leben teilzunehmen, ohne ständig aufgezeichnet zu werden? Kann ich mich in der Welt auch ohne Identitätsnachweise fortbewegen? Und was geht eigentlich in diesem anonymen Darknet vor sich?

Einen Monat lang wollte ich versuchen, keinerlei digitale Spuren zu hinterlassen. Das bedeutet, dass ich mich online vor allem im Darknet aufhalten werde und mich offline bewege, ohne meinen Namen irgendwo zu hinterlassen.

Ziele und Regeln für den Selbstversuch:

  • keinerlei digitale Spuren hinterlassen, die irgendwo gespeichert werden (E-Mails, Apps, GPS-Daten, Geldbewegungen, Reisebuchungen, …)
  • zweite Identität erschaffen
  • Surfen im anonymen Darknet
  • keine Nutzung von Smartphone Apps, Kreditkarten oder Identitätsnachweisen

 

Es war das Erste von 12 Lifestyle Experimenten in 2018. Einen Monat lang wollte ich versuchen, keinerlei digitale Spuren zu hinterlassen, die irgendwo gespeichert werden. Dazu gehören E-Mails, Apps, GPS-Daten, Geldbewegungen, Reisebuchungen und vieles mehr.

Um diese Anonymität zu gewährleisten, habe ich mir eine zweite Identität erschaffen, im anonymen Darknet gesurft und auf die Nutzung von allen gebräuchlichen Apps, die Daten speichern, Kreditkarten und Identitätsnachweisen verzichtet. Erst nach einigen Tagen wurde mir bewusst, auf was ich mich hier eigentlich eingelassen hatte.

Da ich mir selbst in der Vergangenheit wenig Gedanken um meine Privatsphäre gemacht habe, habe ich in meiner Vorbereitung ich mit Datensicherheitsexperten gesprochen (von denen es im privaten Bereich nur wenige gibt) und ein paar interessante Bücher zum Thema gelesen:

  • Julia Angwin: „Dragnet Nation” – Ein tolles Buch, das Augen öffnet und konkrete Hinweise darauf gibt, wie wir alle vorsichtiger mit unseren Daten umgehen können.
  • Jamie Bartlett: „The Dark Net” – Der britische Journalist zeigt eine Welt zwischen Hoffnung auf freie Meinungsäußerung und der dunklen Seite, die Anonymität in Menschen weckt.
  • Harald Welzer: „Die smarte Diktatur” – Der Direktor der Stiftung Zukunftsfähigkeit “Futurzwei” beschreibt, wie sich unser Verhalten immer mehr an Technologien und veränderte Lebensumstände anpasst, bis wir in unserer Ich-Bubble nicht mehr merken, wie sehr unsere Freiheit subtil eingeschränkt wird.
  • Kevin D. Mitnick: „The Art of Invisibility” – Diese praktische Anleitung von einem der berühmtesten Hacker aller Zeiten ist meine Bibel zum Untertauchen.
  • Glenn Greenwald: „Die globale Überwachung” – Spätestens nach dem Lesen dieses Buches über die Verflechtungen der Geheimdienste stellt sich Paranoia ein.
  • Max Schrems: „Kämpfe um deine Daten” – Der Autor hat vor einigen Jahren in einem Verfahren gegen Facebook für Aufsehen gesorgt und regt durch die zu großen Teilen objektive Betrachtung über den Umgang unserer Daten durch Konzerne und Staat zum Nachdenken an.

 

Gewappnet mit diesem Halbwissen, guten Ratschlägen und viel Lust auf das Ausprobieren, wagte ich mich also an das Experiment. So einige Fragen schwirrten mir im Kopf umher, die ich bis zum Monatsende beantworten wollte.

Wie schwer ist es, am sozialen Leben teilzunehmen, ohne ständig aufgezeichnet zu werden? Wer weiß etwas über mich und wie viel? Kann ich mich in der Offline-Welt auch ohne Identitätsnachweise fortbewegen? Und was geht eigentlich in diesem anonymen Darknet vor sich?

 

Wer sammelt Daten von mir und was passiert damit?

Es sind vor allem private Unternehmen und Marktforschungsinstitute, Arbeitgeber, Geheimdienste, Polizei, BKA (INPOL) sowie andere Ämter und regierungsnahe Institutionen.

Im Gegensatz zu Ländern wie den USA genießen wir in Deutschland als Bürger einen relativ hohen Schutz vor missbräuchlicher Datenverarbeitung und -speicherung. Hervorzuheben sind bei diesen Rechten, die im Datenschutzgesetz verankert sind, der Schutz des Persönlichkeitsrechts bei der Datenverarbeitung und das Recht auf Selbstauskunft nach § 19 und § 34 BDSG.

Nur um dir mal einen kleinen Eindruck darüber zu geben, wer alles Daten von uns speichert und verarbeitet:

  • Auskunfteien wie Schufa, Creditreform und Deltavista
  • Adresshändler wie Acxiom, Deutsche Post und Regis24
  • Mieterauskünfte wie die Vermieterschutzkartei und DeMDa (Deutsche Mieter Datenbank KG)
  • Behörden wie das BKA, Kraftfahramt und Landesämter
  • Banken, Versicherungen und Versorger
  • Private Unternehmen wie PayPal, Amazon, Facebook, Google uvm.

 

Ich habe bei verschiedenen Unternehmen und Institutionen von meiner informationellen Selbstbestimmung Gebrauch gemacht. Hilfreich dabei war der Service von Selbstauskunft.net, wo ich mit wenig Aufwand meine gespeicherten Daten bei unterschiedlichen Stellen abfragen konnte.

Überrascht bei den Auskünften hat mich vor allem, wie falsch und veraltet die Daten zu großen Teilen waren. Außerdem interessant zu sehen war, welche Unternehmen meine Daten z.B. bei der Schufa oder der Deutsche Post Direkt AG angefragt haben. Das waren Unternehmen, von denen ich noch nie gehört habe und mich frage, was sie mit meinen Daten wollen.

Ämter und Adresshändler hatten nicht besonders viele Einzelheiten von mir. Ganz anders sah das natürlich bei Google & Co aus. Nachdem ich dort meine gespeicherten Daten auf einen Blick gesehen habe, ist es mir eiskalt den Rücken heruntergelaufen.

Basierend auf meiner Suchhistorie, besuchten Orten, E-Mails und mehr habe ich keine Zweifel daran, dass Google mich besser kennt als ich mich selbst. Die entscheidende Frage ist, wie Unternehmen heute und zukünftig diese unglaubliche Macht über uns einsetzen.

Ich kann dir nur wärmstens empfehlen, dich für deine hinterlassenen Daten zu sensibilisieren, indem du Selbsteinkünfte einholst, ein Google Archiv mit deinen Daten erstellst, deine Google Maps Timeline einsiehst oder eine Kopie deiner Facebook-Daten herunterlädst. Ganz schön erschreckend, sein eigenes Leben so auf dem Silbertablett zu sehen.

Zum einen sind da die offensichtlichen Daten, die bei jedem Check-in am Flughafen, bei jeder Bargeldabhebung und bei Anrufen über das Handy hinterlassen werden. Nicht so deutlich sichtbar sind die Werte, die von verschiedenen Geräten und Apps im Hintergrund aufgezeichnet werden. Dazu gehören vor allem GPS-Daten und jegliche Verbindung mit Telefon- und WiFi-Netzwerken.

Transport: Spätestens beim Überqueren von Grenzen hört die (legale) Anonymität auf. Aber auch schon das Buchen von Flügen und anderen Transportmitteln oder das Mieten von Autos ist ohne Ausweis fast unmöglich. Alle Flugdaten werden nach dem PNR (Passenger Name Records; Fluggastdatengesetz) zentral beim BKA gespeichert und sind von allen Fluglinien abrufbar. Ich bin gespannt, wie weit ich mit Bargeld und ohne Ausweis komme.

Wohnen: AirBnB, Booking.com und Mietverträge sind ohne Ausweis keine Optionen. Die einzigen Alternativen sind die Nutzung einer Fake ID bei der Buchung oder das Nächtigen bei Freunden und in kleinen Gasthäusern, die keinen Ausweis verlangen.

Finanzen: Hier wird es richtig kompliziert. Geld abheben, Überweisungen, online einkaufen und per Kreditkarte bezahlen fällt komplett aus, wenn man anonym bleiben möchte. Es bleibt das Bargeld, aber auch das muss irgendwo herkommen. Kryptowährungen? Eine gute Option, nur liegt die Schwierigkeit beim Wechsel von Euro in die digitale Währung.

Telefon: Mit sogenannten Burner Phones und Prepaid-Karten ist schon relativ viel Anonymität möglich. Trotzdem können selbst bei älteren Modellen ohne Internetverbindung Standortdaten über Funkmasten festgestellt werden. Wirklich sicher sind nur das häufige Wechseln der SIM-Karte und das Herausnehmen des Akkus bei Nichtbenutzung.

Kommunikation: All die beliebten Programme, die unsere Kommunikation so leicht machen, sind absolute Datenkraken. Gmail, Facebook, WhatsApp, Skype und vor allem die Nutzung des Handys fallen flach. Was bleibt, sind alternative Apps, die keine Daten speichern (und die auch keiner meiner Freunde benutzt), oder die gute alte Brieftaube.

Internet allgemein: Mit dem Tor Browser, VPN-Verbindungen und der Suchmaschine DuckDuckGo kann man schon relativ anonym surfen. Darüber hinaus gibt es weitere Programme, die ständig die IP-Adressen wechseln. Vorbei mit der Anonymität ist es, sobald ich mich in einem meiner gewohnten Apps einlogge. Hier bleiben nur sichere Programme oder neue Identitäten.

 

Die Alternativen zu Datenkraken

Anonym zu sein, bedeutet nicht, komplett auf E-Mail, Chat oder das Browsen im Internet verzichten zu müssen. Es gibt durchaus Software, die auf das Speichern von Daten verzichtet. Eine tolle Seite mit Alternativen zu den gängigen Apps ist Prism Break.

Es gibt auch Smartphones und Laptops, die fast ohne Datenspeicherung auskommen (z.B. von Silent Circle). Wie in klassischen Hollywood-Streifen möchte ich zwei Burner Phones mit verschiedenen Prepaid-Sim-Karten nutzen, die ich jeweils bar bezahle und ohne Registrierung kaufe. So zumindest der Plan.

Was mir ansonsten während der Vorbereitung schon bewusst geworden ist, sind die hohen Barrieren für Anonymität. Programme ohne Datenspeicherung sind alles andere als selbsterklärend und kompliziert in der Einrichtung. Außerdem benutzt kaum jemand in meinem Freundeskreis anonyme Apps, so dass ich am Ende nur mit mir selbst chatten kann.

Ich bin gespannt, wie praktikabel das Ganze bis zum Ende des Monats wird. Zum jetzigen Zeitpunkt sieht mein Setup so aus:

 

Die zweite Identität

Menschen, die anonym bleiben wollen, verfolgen unterschiedliche Strategien: Entweder sie verstecken sich im Wald oder nutzen eine Vielzahl verschiedener Identitäten, um Datensammler zu verwirren. Für mich ist Letzteres interessant.

Das sieht in der Praxis so aus, dass Gabi auf Google nach Informationen sucht, Michael bei Amazon bestellt, Gerhard einen Tisch im Restaurant reserviert und Gerlinde die nächste Reise bucht. Alle Aktivitäten werden von der gleichen Person ausgelöst, die Avatare stehen aber in keinerlei Verbindung miteinander. Durch die Vielzahl verschiedener Identitäten kann so mit viel Vorsicht Verwirrung gestiftet werden.

Interessant ist auch, dass es per se nicht verboten ist, gefälschte Ausweise zu besitzen, solange diese nicht zur Täuschung genutzt werden (verstehen muss man das nicht, aber es ist so). Brauchst du eine zweite Identität? Die bekommst du hier mit einem Mausklick.

Meine zweite Identität habe ich so gewählt, dass sie aus einem der Top 25 Vor- und Nachnahmen, der in verschiedenen europäischen und angelsächsischen Sprachraum genutzt wird, besteht. Der weltweit häufigste Geburtstag ist der 16.09. und eine ausführliche Biographie erweckt meinen Avatar zum Leben.

An dieser Stelle ein kurzer Hinweis: Ich habe weder mit diesem noch mit anderen Experimenten vor, Gesetze zu brechen, werde mich aber im Experiment Anonymität an den Grenzen der Legalität bewegen. Damit will ich ganz und gar nicht dazu aufrufen, es mir nachzumachen.

 

 

Der Selbstversuch „Anonymität”

Am 31.12.2017 um 23:50 Uhr schalte ich mein Handy aus und deaktiviere das WiFi in meinem MacBook. Kurz vor Mitternacht gehe ich noch ein letztes Mal zum Geldautomaten, um Bargeld für die ersten Wochen abzuholen. Was nach dem Feuerwerk zum Jahreswechsel folgte, war ein ereignisreicher Monat mit anfänglich hohem Stresslevel, wichtigen Erkenntnissen und schönen Erlebnissen.

30 Tage lang keine digitalen Spuren hinterlassen, war mein Ziel. Um ehrlich zu sein, habe ich die Schwierigkeit dieses Experiments absolut unterschätzt. Bereits nach einigen Tagen wurde mir klar, wie groß meine Abhängigkeit von Online-Diensten ist und wie wenig ich mich in der Vergangenheit um meine Privatsphäre gesorgt habe.

In den ersten 14 Tagen des Monats habe ich versucht, absolut anonym zu bleiben und dabei Strategien von Hackern anzuwenden, die sich damit vor Vollzugsbehörden und Geheimdiensten schützen wollen. Es war extrem anstrengend, was an meinem fehlenden technischen Verständnis und den Programmen lag, die meist benutzerunfreundlich waren, ewig lange Ladezeiten hatten und von niemandem sonst in meinem Umfeld benutzt werden.

Meine Hardware bestand aus einem Android Smartphone, einem zweiten Burner Phone von Samsung ohne WiFi und einem kleinen Asus-Notebook, das ich über einen falschen Namen gekauft hatte. Über das Netbook war ich nur mit meiner neuen Identität und verschlüsselter Verbindung online. Die Handys habe ich getrennt voneinander für Telefonate und zum Einrichten eines Hotspots genutzt, jeweils mit Prepaid-SIM-Karten, die nicht auf meinen Namen zurückverfolgbar waren.

Nachdem das Einarbeiten in die neue Hardware und Software eine absolute Geduldsprobe war, bin ich in den letzten beiden Januarwochen wieder gewechselt. Ich wollte sehen, ob ich auch mit meinen normalen Arbeitsmaterialien – einem MacBook und einem iPhone – relativ anonym sein kann.

Vorbereitungen zum Untertauchen
Vorbereitungen zum Untertauchen

 

 

Privatsphäre und Anonymität sind eine Illusion

Habe ich mein Ziel, keine Datenspuren (E-Mails, Apps, GPS-Daten, Geldbewegungen, Reisebuchungen) zu hinterlassen, erreicht? Nein, trotz größter Mühen und Vorsicht habe ich das nicht geschafft.

Mir ist klar geworden, dass absolute Anonymität nur möglich ist, wenn ich Gesetze breche und komplett auf die herkömmliche Kommunikation, Finanztransaktionen und das grenzüberschreitende Reisen verzichte. Selbst wenn ich über gesicherte Verbindungen ins Internet gehe, reicht eine kleine Verbindung (E-Mail, Telefonnummer, IP-Adresse, Login) zu meiner echten Identität und das Katz und Maus Spiel ist vorbei.

In den ersten beiden Januarwochen war ich tatsächlich zu 99% anonym. Ich hatte mich über komplett neue Geräte ins Internet eingewählt, zur Arbeit Fake E-Mails verwendet, zur Kommunikation nur verschlüsselte Programme genutzt, Übernachtungen über ein falsches AirBnB-Konto gebucht und die SIM-Karte zum Telefonieren hat ein Einheimischer in seinem Namen für mich gekauft.

In den letzten beiden Januarwochen war meine Anonymität jedoch dadurch komprimiert, dass ich wieder meine alten Geräte genutzt habe. Für die meisten von uns war ich sicher immer noch anonym, wobei Ermittler und Hacker leicht die Verbindung zwischen MAC-Adresse meines Laptops und Handys mit den neuen und alten Online-Konten herstellen könnten.

Im folgenden Video, das ich nach gerade mal einer Woche aufgenommen habe, kannst du schon leichte Frustration erkennen. Glücklicherweise hat sich mein Stresslevel in der restlichen Zeit deutlich gesenkt.

 

Gelernt habe ich in diesem Monat nicht nur, dass Anonymität viel Geduld benötigt, sondern vor allem auch Disziplin. Selbst wenn mein Handy im Flugzeugmodus eingeschaltet ist, kann dies über Funkmasten aufgespürt werden (um ganz sicherzugehen, muss der Akku herausgenommen oder das Handy in Alufolie bzw. einen Faraday Cage eingetütet werden).

Ein einziger Login bei einem meiner bisherigen Online-Konten von dem neuen Netbook aus, kann sofort eine Verbindung zwischen den Identitäten herstellen. Und auch im Alltag musste ich mich daran gewöhnen, mich nicht als Sebastian, sondern als mein Alter Ego Michael Martin auszuweisen.

Beispielsweise suchte ich in Bangkok im neuen Jahr ein Hotel, bei dem ich ohne Reisepass einchecken durfte, was sich in Thailand aufgrund der Gesetzeslage als unmöglich herausstellte. Glücklicherweise konnte ich bei einer Freundin im Vorzimmer schlafen, was die Rezeption erlaubte, nachdem wir eine gute Geschichte erzählt und auf die Tränendrüse gedrückt haben. Dennoch musste ich Name und Adresse in einem Formular eintragen und anstatt dort meine Fake Identität anzugeben, die ich mir im Kopf schon seit Tagen zurechtgelegt hatte, gewann die Gewohnheit und ich habe völig automatisch meinen tatsächlichen Namen aufgeschrieben.

Was Anonymität außerdem braucht, ist eine gewisse Abgeklärtheit, was mir bei einer Polizeikontrolle zwei Wochen später in Chiang Mai bewusst wurde. Die Polizisten interessierte es nicht, dass ich keinen Reisepass vorzeigen wollte, solange ich meinen Namen aufschreibe und das Bußgeld bezahle. Nachdem ich zwei Minuten lang überlegte, ob ich dort meinen falschen Namen angebe, hatte ich so die Hosen voll, dass ich letztendlich doch Sebastian Kühn auf den Zettel schrieb.

Ca. 3.000 km bin ich mit dem Motorroller, Bussen und Taxis quer durch Thailand gereist, ohne mich dabei ausweisen zu müssen. Kein Problem, solange ich keine Grenzen überquere. Bei der Ticketbuchung und dem Ausleihen des Rollers reichte eine kleine Geschichte von meinem verlorenen Reisepass bzw. eine höhere Kaution beim Rollerverleih.

Auch nachdem ich meine Wohnung in Chiang Mai Mitte des Monats verlassen hatte (die bereits seit dem Vormonat auf meinen Namen gemietet war), konnte ich entweder mit Hilfe von Freunden in Unterkünfte einchecken oder eigene Wohnungen über ein Fake AirBnB-Konto buchen.

Ein deutlich größeres Problem war es, an Bargeld zu kommen. Durch Kryptowährungen, die über sogenannte Tumbling-Services anonymisiert wurden, habe ich versucht, mir Bargeld per Brief an eine Postbox senden zu lassen, was gescheitert ist. Einige meiner Bitcoins hängen heute immer noch in Wallets im Darknet fest. Eine Woche vor Ende des Experiments war die Frustration dann so groß, dass ich meine Kreditkarte nutzte, um Bargeld aus dem Automaten zu bekommen.

Geklappt hatte es ein paar Tage später dann doch mit Local Bitcoins. In Bangkok ließ ich mir für meine anonymisierten (gewaschenen) Bitcoins Bargeld geben. Das hat super funktioniert. Bei langfristiger Anonymität bleibt lediglich die Frage, wie ich Kryptowährungen kaufe. Anonym geht es eigentlich nur mit Bargeld, das ich nicht irgendwo abheben kann, sondern anders bekommen muss. Was bleiben da für Optionen? Schwarzarbeit und illegale Geschäfte, bei denen ich mit Koffern voller Bargeld bezahlt werde?

Ein weiteres Problem ist die Gesichtserkennung. Ich hatte meine Maske oft dabei, wurde beim Aufsetzen aber immer wie ein Krimineller angeschaut, weshalb ich diese an öffentlichen Orten nur selten rausholte. Ziemlich sicher wurde ich in einer Shoppingmall oder einem Busbahnhof aufgezeichnet.

Schau dich mal in deiner Stadt um, wie viele Überwachungskameras dort hängen. In Berlin gibt es 12.000 Kameras, in London kommt eine Kamera auf 10 Einwohner – Gesichtserkennung ist heute schon so gut, dass wir im Alltag kaum unbemerkt bleiben. Was die Kameras nicht erfassen, werden wohl bald Drohnen übernehmen.

Reisen mit Motorroller und Landkarte
Reisen mit Motorroller und Landkarte

 

 

Oh du schöne Offline-Welt

Dieses Experiment hat nicht nur mein Bewusstsein für Datenschutz verstärkt, sondern mir auch viele erfreuliche Erlebnisse in der analogen Welt beschert. Einen Monat lang hatte ich mein Handy nur in absoluten Ausnahmefällen dabei, bekam keine Benachrichtigungen von Facebook & Co und verabredete mich mit Freunden wieder persönlich oder ganz altmodisch über einen kurzen Anruf.

Nach einer Woche ließen die Phantom-Vibrationen in der Hosentasche (dort, wo normalerweise das Handy steckt) nach und das schlechte Gewissen, nicht täglich meine Nachrichten zu checken, nahm rapide ab. Stattdessen klopfte ich wieder an Türen und verabredete mich mit Leuten zu einer festen Zeit an einem festen Ort. Auf einmal funktioniert das wieder, ohne sich zwischendurch noch dreimal Nachrichten mit dem aktuellen Standort schicken zu müssen.

Anstatt Thailand zum wiederholten Male zu überfliegen, sah ich auf einer langen Rollertour von Bangkok nach Chiang Mai das schöne Hinterland und kam mit einigen Einheimischen ins Gespräch. Genau das gleiche passierte im Nachtbus nach Ko Samet und bei Taxifahrten, die ich sonst mit Uber gebucht hätte.

Diese unerwarteten Gespräche hätte ich nicht gehabt, wenn ich meine Fragen nach der nächsten Tankstelle, dem Wetter für die kommenden Tage oder den besten Fried Noodles um die Ecke an Tante Google hätte richten können. Und ich habe wieder gelernt, Karten zu lesen und danach zu fahren, was in Bangkok ohne GPS schon eine Herausforderung war, sich aber gut anfühlte.

Generell hatte ich in diesem Monat einfach viel mehr Zeit, meine Umwelt bewusst wahrzunehmen und mich auf die Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung zu konzentrieren, anstatt ständig von meinem iPhone abgelenkt zu sein. Dieses zwanghafte Schauen auf das Handy bei jeder roten Ampel ist etwas, was ich mir nicht wieder angewöhnen möchte.

Facebook hat mich vermisst, mir hat es weniger gefehlt
Facebook hat mich vermisst, mir hat es weniger gefehlt

 

 

Datenschutz versus Bequemlichkeit

Beim Joggen ohne Runtastic-App sieht meine Laufgruppe nicht mehr, dass ich gerade aktiv bin. Kein Anfeuern mehr und kein Voice-Coach, der mir sagt, wie viele Kilometer ich schon geschafft habe. Das habe ich anfangs vermisst, mich aber schnell wieder daran gewöhnt, beim Laufen nur meine eigene Stimme im Kopf zu hören.

Wir sind mittlerweile so konditioniert, dass wir Datenschutz gegen kleine Annehmlichkeiten eintauschen. Hier eine Bonuskarte beim Shoppen, da die kostenlose Mitgliedschaft im Social Network und dann noch das bequeme Bestellen von Taxis über eine App. Diese kleinen Dinge machen das Leben leichter, gleichzeitig machen sie uns zu gläsernen und zunehmend fremdbestimmten Bürgern.

Firmen wie BlueKai, Acxiom oder die Deutsche Post verkaufen in Auktionen jeden Tag Millionen von Datensätzen für Bruchteile von Cents an soziale Netzwerke, Online-Händler und andere Werbetreibende. Wir bezahlen im Internetzeitalter mit unseren Daten. Das ist nicht so daher gesagt, sondern absolute Realität.

Wir liefern die Informationen, mit denen wir einen Moment später zu Kaufentscheidungen, Wahlabstimmungen oder Meinungsäußerungen manipuliert werden.

Bitte nimm dir einen Moment, um dir das einmal wirklich bewusst zu machen. Mit diesem Bewusstsein kannst du dann entscheiden, ob du dein Reiseverhalten, deine Kommunikation oder deine Geldbewegungen gegen einen kleinen Rabatt offenlegst oder für deine Privatsphäre ein paar Euro investierst (verschlüsselte Alternativen zu herkömmlichen Apps sind meist kostenpflichtig).

 

 

Warum Datenschutz jeden etwas angeht

“Wenn man nicht will, dass bestimmte Handlungen negativ in der Öffentlichkeit präsentiert werden, dann sollte man sich überlegen, diese Handlungen gar nicht erst zu vollziehen”, hat der Google-Vorsitzende Eric Schmidt vor einigen Jahren gesagt. Die erste Reaktion mag Zustimmung sein, aber bitte denke nochmal darüber nach.

Ist das nicht reine Selbstdisziplinierung? Ein Fremdzwang, der zum Selbstzwang wird? Wir sind Menschen mit unterschiedlichen Meinungen, Gelüsten und Vorlieben. Sollten wir diese nicht im Rahmen des Gesetzes ausleben können? Sollten wir nicht auch Fehler machen dürfen, die uns nicht für die Ewigkeit nachhängen?

Daten von Reisetätigkeiten, Arztbesuchen, Geldbewegungen, Anrufen und allen Online-Aktivitäten werden immer irgendwo gespeichert. Diese vergangenen Daten geben einen guten Aufschluss über zukünftige Handlungen. Das mag solange okay sein, bis sich ein Stalker, ein Chef, eine Vollzugsbehörde oder ein werbetreibendes Unternehmen über uns informieren möchte.

Bewusst sein müssen wir uns darüber, dass all diese Informationen für unbestimmte Zeit auf Servern liegen und wir in der Regel nicht mehr Eigentümer dieser Daten sind. Privatperson oder Institutionen können sich jederzeit legal oder illegal Zugriff auf die Daten verschaffen, auch wenn diese nicht mehr im Netz sichtbar sind.

Nach dem Bekanntwerden der Einführung eines “sozialen Kreditsystems” für alle Bürger in China gab es einen riesigen Aufschrei, obwohl das gleiche bei uns nicht weit entfernt ist (wenn auch etwas subtiler). Sobald Unternehmen unsere Daten haben, bekommen wir nicht nur personalisierte Werbeeinblendungen, sondern unterschiedliche Preise beim Online-Shopping oder einen besseren Zins für einen Dispo bei der Hausbank.

Wie lange wird es noch dauern, bis wir individuelle Krankenkassenbeiträge basierend auf unseren Ess- und Sportgewohnheiten bezahlen? Oder Studienplätze nicht mehr nach Noten, sondern sozialem Engagement im Netz vergeben werden? Vielleicht gibt es auch bald Bonuspunkte, wenn wir die ungenügende Mülltrennung der Nachbarn per Webcam filmen und melden?

“Arguing that you don’t care about privacy because you have nothing to hide is no different from saying you don’t care about free speech because you have nothing to say” – Edward Snowden

Beim Datenschutz geht es nicht nur um uns selbst. Es geht darum, ob wir als Gesellschaft unsere Privatsphäre zukünftig als Grundrecht verstehen oder dieses leichtfertig abtreten möchten.

Vergleiche es mit der Umweltverschmutzung: Ein einzelner Plastikbeutel macht die Erde nicht kaputt, aber unter der Akkumulation von Plastikmüll leiden am Ende alle Menschen und Tiere gleichermaßen, ohne dass konkrete Täter benannt werden können. Wie beim Datenschutz geht es nicht darum, die Plastikindustrie abzuschaffen, sondern die Mitspieler zu mehr Verantwortungsbewusstsein zu bewegen.

Warum wir unsere Privatsphäre ernst nehmen sollten:

  • Um das Erstellen von Persönlichkeitsprofilen durch Krankenversicherer, Banken, staatliche Institutionen oder werbetreibende Unternehmen zu verhindern.
  • Um dem Verkauf unserer Informationen durch Datenhändler, Marktforschungsunternehmen und soziale Netzwerke entgegenzutreten.
  • Um den Filter über dem Internet zu deaktivieren (z.B. die personalisierte Suche bei Google, Amazon oder im Facebook-Newsfeed), der uns nur Dinge anzeigt, an denen wir in der Vergangenheit Interesse gezeigt haben, wodurch unsere Meinung verstärkt aber nicht differenziert wird.
  • Um Angriffe durch Hacker und Diebstahl von sensiblen Daten vorzubeugen (hier kannst du testen, ob deine Konten bereits gehackt wurden).
  • Um uns vor Geheimdiensten und anderen staatlichen Organen, die unsere Daten auf Druck bei privaten Unternehmen anfordern können, zu schützen.

 

Sicheres Arbeiten am Strand
Sicheres Arbeiten am Strand

 

 

Gibt es eine Rechtfertigung für Massenüberwachung?

Das große Versprechen des Internets – für mehr soziale Gerechtigkeit und faire Machtverhältnisse zwischen Bürgern und Institutionen zu sorgen – müssen wir neu bewerten. Regierungen und große Unternehmen haben durch Tracking von Nutzern und das Aufkaufen kleiner, unabhängiger Start-ups die Überhand über Informationen gewonnen, die anfangs noch bei den Nutzern selbst lag. Was der globalen Demokratisierung galt, ist auf dem besten Wege dahin, die gefährlichste Waffe für Unterdrückung zu werden, die wir je gesehen haben.

Als Snowden aufdeckte, dass Schröder und Merkel systematisch abgehört wurden, waren die News nach ein paar Tagen aus den Medien verschwunden. Auch das umfangreiche PRISM-Programm, welches die NSA mit Hilfe von Skype, Facebook & Co zur globalen Überwachung nutzt, verursachte kaum anhaltende Diskussionen. Wäre das zu Zeiten des Kalten Krieges auch so gewesen? Wie groß ist der Unterschied zur Stasi, die noch knapp 30 Jahre nach ihrer Auflösung verteufelt wird?

Ich glaube, unser Verständnis für Überwachung hat sich mit dem Internet schleichend verschoben, so dass wir die Eingriffe heute nicht mehr oder nur noch marginal als Verletzung unserer Grundrechte wahrnehmen.

Überwachung an sich ist nicht schlecht. Eltern schützen dadurch ihre Kinder, Polizisten fangen Kriminelle und Journalisten decken Skandale auf. Was falsch ist, ist der Generalverdacht, der eine globale, flächendeckende und ungezielte Massenüberwachung aller Bürger rechtfertigt. Je mehr wir uns durch Terror und Gewalt verängstigen lassen, desto mehr Rechtfertigung gewinnen Fürsprecher des Datennetzes.

Was dann geschieht, ist, dass wir uns wie in der durch den französischen Philosophen Michel Foucault bekannt gewordenen Idee des Panoptikums – ein perfektes Gefängnis, in dem alle Zellen der Insassen in einem Kreis rund um eine Säule in der Mitte angeordnet sind, in der die Wärter sitzen – ununterbrochen beobachtet fühlen und unser Verhalten dementsprechend anpassen. Die offene Frage am Ende ist, wer die Wärter dieses Gefängnisses sind: wir als wachsame Bürger oder ein allsehendes Auge des Staates oder großer Unternehmen.

Ein kleines Beispiel dazu: Die Software zur Gesichtserkennung Churchix wird von Kirchen eingesetzt, um zu sehen, wie regelmäßig Gemeindemitglieder an den Messen teilnehmen und Geld spenden. Die gute Absicht dahinter ist, Kirchengänger zu mehr Beteiligung zu motivieren (oder zu manipulieren?). Kommt das nicht einer totalitären Überwachung wie der des Panoptikums nahe?

In Orwells Roman 1984 heißt es, dass “die Menschheit die Wahl zwischen Freiheit und Glück hatte und dass, für die Masse der Menschheit, Glück besser sei.” Ich glaube nicht, dass wir uns als mündige Bürger entscheiden müssen, sondern mit dem richtigen Maß an Selbstverantwortung unser Glück in der Freiheit finden. Diese Freiheit, die durch Verfassungen und weltweit gelebte Werte geschützt wird, sollten wir nicht so leichtsinnig aufgeben.

Datenerfassung und Abhörsysteme werden solange existieren, bis wir als mündige Bürger bei Wahlen und durch Eigeninitiative entschlossen dagegen vorgehen. Wir sollten uns darüber bewusst sein, dass wir Rechte und Mittel haben, um die Anwendung der Technik in Schach zu halten. Um das bewerkstelligen zu können, müssen wir die Technik und die dahinterliegende Maschinerie verstehen.

 

 

Die dunkle Seite der Anonymität

Ideologisch gesehen soll Anonymität im Netz die freie Meinungsäußerung verstärken und staatliche Eingriffe verhindern. Das sichtbare Internet, das wir tagtäglich über Google durchsuchen, enthält nur ca. 5% aller Webseiten. Im Deep Web befinden sich alle Seiten, die nicht indiziert sind, z.B. passwortgeschützte Bereiche von Netflix, Admin-Bereiche von WordPress oder Zugänge zu Universitäten. Ein kleiner Teil des Deep Web ist das Dark Web (oder Darknet), welches nur über den Tor Browser sichtbar ist.

Was ich im Darknet gesehen habe, ist ein merkwürdiger Mix aus Anarchie und Demokratie. Kreativität und Innovation sind keine Grenzen gesetzt. Menschliche Tugenden wie Neugierde, unausgesprochene Bedürfnisse, extreme Leidenschaften und Ideen werden ohne Zensur und Überwachung ausgedrückt und ausgelebt. Die gleiche Anonymität, die im Darknet für Auftragsmörder, Kinderpornografie und erbarmungslose Trolle sorgt, gibt Whistleblowern und Menschenrechtsaktivisten den einzig sicheren Weg zur Kommunikation.

Nach Schätzungen gibt es heute ca. 40.000 Seiten im Darknet, von denen um die 15% illegale Produkte und Services auf deregulierten Marktplätzen verkaufen. Spannend ist, dass dort trotz Anonymität über ein Bewertungssystem ein Vertrauen zwischen Verkäufer und Käufer geschaffen wird, das höher zu sein scheint, als das auf gekauften Bewertungen basierende System bei Amazon. Ware wird in der Regel mit Bitcoin oder Ethereum gekauft und in einem dezentralen Escrow-Wallet solange geparkt bis die Lieferung beim Kunden (meist ein anonymes Postfach) angekommen ist.

Nehmen wir mal den Kauf von Kokain als Beispiel: Auf der Straße variieren Preis und Qualität deutlich. Auch die Gefahr, dabei erwischt zu werden, ist höher als im Netz. Auf Handelsplätzen im Darknet werden Kaufkriterien wie Reinheit der Droge, Liefergeschwindigkeit und Kundenservice von Käufern bewertet. Die Preise orientieren sich an Angebot und Nachfrage, wodurch sie deutlich regulierter (und wohl günstiger) sind als auf der Straße. Ob das Darknet dafür sorgt, dass mehr Drogen konsumiert werden, bezweifle ich. In jedem Fall sorgt es dafür, dass Nutzer keine unbekannten Substanzen in ihren Körper stopfen und die Gewalt um Drogen durch die verkürzte Lieferkette auf der Straße abnimmt.

Auf dem berühmt berüchtigten Assassination Market (Auftragskiller) kann Geld auf das Todesdatum von Politikern, Schauspieler und andere öffentliche Personen gesetzt werden. Ob danach gehandelt wird, liegt “im eigenen Ermessen”. Das klingt im ersten Moment absolut furchtbar, ist letztendlich aber ein Weg, um das Verhalten von Menschen mit viel Macht zu bewerten (soweit ich weiß, wurde auf der Seite noch nie Geld ausgeschüttet).

Erschreckt haben mich die Vielzahl von Foren rund um Themen wie Bulimie, Magersucht oder Selbstmordgelüste, die nicht als Krankheiten, sondern als bewusste Wahl für einen Lifestyle behandelt wurden. Betroffene finden hier vorurteilsfreie und emphatische Ratschläge, die meiner Meinung nach zwar für Zugehörigkeit, nicht aber für mehr Wohlbefinden sorgen.

Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass neue Errungenschaften auch immer für kriminelle Zwecke eingesetzt werden. Das Darknet und andere Technologien sind im Grunde nur ein Spiegel der Gesellschaft; von uns selbst. Die Frage ist letztendlich, ob solche Tools mehr Menschen befähigen, als sie Schaden anrichten.

Darknet, Verschlüsselung, Atomenergie, Drohnen, Facebook … all das sind Werkzeuge. So wie in jeder Subkultur gibt es auch im Internet Menschen, die diese Tools missbrauchen und solche, die es für positive Zwecke einsetzen. Wie auch Spiderman schon lernen musste: „with great power comes great responsibility”.

Kleiner Ausschnitt aus dem Darknet
Kleiner Ausschnitt aus dem Darknet

 

 

Ein Zwischenfazit und offene Fragen

Mein Bewusstsein für Privatsphäre hat sich durch das Experiment stark verändert. Ich werde zwar auch weiterhin Software für meine Arbeit benutzen, die weniger sicher ist, mich aber aktiv nach verschlüsselten Alternativen umsehen. Das “Kriterium Datenschutz” wird in Zukunft eine größere Rolle für mich spielen.

Signal, Protonmail, Telegram – all das sind gute Optionen zu herkömmlichen Apps, bei denen ich Eigentümer meiner Daten bleibe und die Macht über Informationen weg von Google & Co hin zu kleineren Unternehmen bewegen kann (hier findest du Tipps und Links für mehr Datensicherheit).

Ich werde weiterhin versuchen, Freunde und Bekannte zur Nutzung von verschlüsselten Apps zur Kommunikation zu ermutigen. Und auch werde ich öfter das Handy zu Hause lassen, wenn ich unterwegs bin. Ich möchte wieder mit Fremden ins Gespräch kommen, anstatt meine Freundschaft mit Siri zu vertiefen. Ich möchte Fehler machen dürfen und mich frei bewegen können, ohne jederzeit mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

Mit etwas Abstand zu diesem verrückten Monat werde ich sicher klarere Gedanken zu den angesprochenen Themen finden. Für den Moment bleibt ein gewachsenes Bewusstsein und viele offene Fragen, die ich gerne als Anregung mitgeben möchte.

 

Sorgt Technologie dafür, dass wir als Menschheit mehr zusammenrücken oder uns voneinander entfernen? Gibt es echte Empathie im Netz oder geht es um die oberflächliche Befriedigung neugeschaffener Bedürfnisse?

Entwickeln wir durch den Zugang zu Informationen ein breiteres Bewusstsein oder verstärken wir durch die Filter im Netz lediglich unsere eigenen Ansichten?

Tauschen wir zu viel Selbstbestimmung gegen Bequemlichkeit ein, wenn Online-Unternehmen zunehmend mehr Entscheidungen für uns treffen?

Wie sehr sagen wir zukünftig Computern, was sie tun sollen und wie sehr lassen wir uns von Computern sagen, was wir tun sollen?

Wie würde eine Welt aussehen, in der wir alles über jeden wissen? Und wie wäre die Welt, wenn wir alle anonym wären?

Können wir als Bürger Regierungen und Unternehmen genauso überwachen, wie wir selbst überwacht werden, oder ist die Macht über Informationen zunehmend ungleich verteilt?

Trauen wir uns immer noch, unkonventionelle Ansichten zu vertreten, wenn wir ständig überwacht werden und indirekte Konsequenzen zu erwarten haben?

"Wer bist du,
wenn niemand zuschaut?"

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“Wer bin ich, wenn niemand zuschaut?” – Je besser wir uns selbst kennen, desto bessere Partner, Eltern und Freunde sind wir. Ein Buch über 12 unterhaltsame Selbstversuche und 52 Fragekarten geben dir Impulse, um diese Mammutaufgabe anzugehen.

Auf den Karten findest du Fragen, die unentdeckte und unterdrückte Seiten an dir und deinen Mitspielern offenbaren. Dazu bekommst du jeweils einen Impuls für ein kleines Experiment, um die neu gewonnenen Erkenntnisse sofort im Alltag auszuprobieren.

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